Vizepräsident des LSB Bremen tritt zum Ende der Vorstandsperiode zurück
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- Erstellt am Sonntag, 26. Oktober 2008 04:12
- Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 25. Juni 2013 21:28
- Veröffentlicht am Samstag, 25. Oktober 2008 03:00
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Liebe Schachfreundinnen und -freunde,
wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören. So ist das auch in meinem Fall.
Ralf Mulde als Vize des Landesschachbundes Bremen wird es nach der Mitgliederversammlung im Frühjahr 2009 nicht mehr geben. Weil es sich beim „Vize“ ja lediglich, wie es der Name schon sagt, um eine vertretende Funktion handelt, wird es während des nun verfügbaren halben Jahres nicht schwer sein, einen Nachfolger zu finden.
Nach einer damit 7-jährigen Tätigkeit, zuerst als Referent für Öffentlichkeitsarbeit, dann als Schriftführer und zuletzt als Vizepräsident ist es nun die geeignete Zeit, andere Aufgaben innerhalb und natürlich auch außerhalb des Schachs zu übernehmen. Es waren gute, erfolgreiche Jahre, die ohne ein funktionierendes Team nicht denkbar gewesen wären.
Viele wichtige Ziele des Vorstandes wurden in diesem guten Halbdutzend Jahre erreicht, viel Arbeit wurde getan, so dass der Landesschachbund nun in keiner schlechten Verfassung ist. Vieles ist seitdem besser geworden:
Noch zu Beginn meiner Tätigkeit musste ich mehrfach an (wohlgemerkt: offiziellen, lange angekündigten und dann auch zu Beschlüssen gezwungenen) geisterhaften „Vorstandssitzungen“ teilnehmen, zu denen insgesamt nur drei, manchmal auch vier Mitglieder aufkreuzten.
Die Kasse war leer und der Schatzmeister zögerte, die längst fällige Erhöhung der Beiträge vorzunehmen. Die Zeiten dieser Dreier-Sitzungen (noch dazu im abgelegenen Bürgerhaus Oslebshausen, was spät abends bei plötzlichem Schnee und ohne Auto aller Teilnehmer zusätzlich unvergesslich wurde) sind für den Verband zum Glück längst vorbei. Wir tagen inzwischen woanders ...
An eine angemessene Repräsentanz innerhalb des Deutschen Schachbundes war in dieser Verfassung des Verbandes gar nicht zu denken, wir konnten uns ja selbst kaum helfen. Kontakte zu den Vereinen und deren Vorständen waren zudem praktisch nicht möglich, weil es schlicht kein entspr. Verzeichnis aller Adressen gab; man war auf eher zufällige Notizen in diesem oder jenem privaten Notizbuch angewiesen.
Aber auch umgekehrt lief nur wenig zusammen. Seitens der Vereine klappte die Belieferung der „Rochade“ weiterhin kaum und das Ganze funktionierte immer schleppender, so dass schon deshalb der „Eintritt ins Internet-Zeitalter“ eine dringende Herausforderung war. Die Vereine wussten nichts voneinander, der Verband wusste nichts von den Vereinen, die Vereine wollten nichts vom Verband wissen und dass es da so ganz nebenbei auch noch einen Landessportbund und einen Deutschen Schachbund, aber auch ein Sportamt, Stadtteilbeiräte, Schulräte, Senatoren, Abgeordnete und viele mehr gab, mit denen wir auch (nicht zuletzt werbende und damit finanziell wichtige) Kontakte hätten pflegen sollen ...
Nun, manches davon haben wir seit der Jahrtausendwende positiv ändern können, nur ein paar, zunächst nicht ganz so wichtige Dinge sind eben noch für künftige Zeiten liegen geblieben.
+ Inzwischen gibt es längst einen, immer wieder aktuellen Überblick aller, für die gegenseitige (!) Information wichtiger Daten der Vereine und der Mitglieder des Landesschachbundes samt aller Ressorts.
+ Inzwischen sind fast alle Ämter des Landesschachbundes aktiv und nicht nur pro forma mit noch dazu ausschließlich großartigen Schachfreundinnen und -freunden besetzt.
+ Heute sind wir zum Beispiel in der Lage, eine Deutsche Meisterschaft (in diesem Jahr im Blitzschach für die Damen) auszurichten.
+ Die Kasse ist nach einer gerade noch rechtzeitig erfolgten Beitragserhöhung wieder auf eine gesunde Basis gestellt worden und man darf hoffen, dass die Eskapaden des Deutschen Schachbundes und der Deutschen Schachjugend, die viel Geld gekostet und nichts gebracht haben, endlich Einschränkungen erfahren werden.
+ Die „Standard-Turniere“ (Bremer Mannschaftsmeisterschaft, Offene Bremer Einzelwirtschaft, aber auch Bremer Blitzmeisterschaft, Bremer Schnellschachmeisterschaft und Dähne-Pokal) finden wieder regelmäßig und in geordnetem Rahmen statt.
+ Gleichsam als Neugründung hinzugekommen ist der „Deutschland-Cup“, der eigentlich nach 2008 einen neuen, regional gefärbten Namen erhalten soll ... ich prophezeie, dass es beim „Deutschland-Cup“ bleiben wird. Vor allem aber wünsche ich dem Bremer Schachspielern, dass dieses Turnier sich nach dem wunderbaren Auftakt im Sommer bei Werder etablieren wird.
Tut etwas dafür! Beteiligt Euch! Spielt mit! Spielt Schach!
+ Wir spielen zu wenige (ausgewertete) Turniere in Bremen, so dass für den „D-Cup“ echter Bedarf besteht – allerdings auch an zeitnahen DWZ – und Elo - Auswertungen unserer „Standard-Turniere“. Die notwendigen Daten liegen beim Landesturnierleiter und regelmäßig auch beim Turnierleiter des Ausrichters (Ausnahme: Pokal), so dass die Dinge nun viel schneller als früher zu Ende bearbeitet werden könnten.
+ Seit kurzer Zeit hat der Landesschachbund eine neue Turnierordnung, die inzwischen sogar schon als Vorbild für andere Landesverbände gedient hat, wie ich jüngst erfahren durfte. Einiges von dem, was längst beschlossen worden ist, durch einen simplen Übertragungsfehler nicht in die Endfassung übernommen worden, muss also noch einmal kurz angefasst und veröffentlicht werden (Bußgelder und ein paar Feinheiten der Bremer Einzelmeisterschaft), das ist aber völlig unproblematisch.
+ Nach dem quälend langsamen Durchschreiten einiger, auch recht peinlicher und vom gesamten Verbandsvorstand nicht immer mit großer Übersicht eingeschlagenen Pfade, ist es Gunnar Sieber und Thorsten Ahlers nach ihrem Eintritt in den Vorstand gelungen, eine phänomenal gute Seite des Landesschachbundes im Internet zu schaffen. Hier finden sich alle wichtigen Mitteilungen und vor allem die Ergebnisse aller Mannschaftswettbewerbe.
Die Internet-Seite des Landesschachbundes Bremen [ http://www.landesschachbundbremen.de ] ist schon jetzt das schnell pochende Herz des Landesschachbundes geworden und zumindest ich nehme an, dass der Stellenwert dieser Art der Informationen eher noch zunehmen wird, ob man nun „den guten, alten Zeiten“ mit nun mal etwas langsameren, aber, was Bremen anbelangt, stets großartig geschriebenen Seiten nachtrauert oder es eben auch nicht tut. Viele haben gute Gründe dafür, das gedruckte Wort dem Bildschirm vorzuziehen. Ragnar Händel leistet für die „Rochade“ eine überwältigend gute Arbeit, die von den Bremer Schachspielern noch viel mehr anerkannt werden muss.
+ Aber: Das Referat Ausbildung ist auch offiziell seit langem nicht besetzt und wird schon seit einiger Zeit gewohnt unauffällig vom Präsidenten wahrgenommen. Hier müssen die Vereine etwas ändern und schauen, dass jemand dieses überschaubare Ressort übernimmt!
Noch immer gibt es eine weit verbreitete Regel-Unkenntnis unter Bremer Schachspielern (unter welchen Umständen darf man noch mal ein Remis verlangen ... wann und wie lange darf ein Mannschaftskamerad für den Zeitnotspieler mitschreiben ...?), so dass die Seminare für Turnierleiter, Teamspieler und Mannschaftsführer absolut notwendig sind!
Noch immer haben wir viel zu wenige Übungsleiter im Landesschachbund, die nun mal nicht ohne Referenten für Ausbildung in Bremen lizenziert werden können, wodurch den Vereinen und den Interessenten einerseits viel Geld verloren geht und andererseits das Schulschach in Bremen, worin die Zukunft der Vereine liegt, nicht so gut gefördert werden kann.
+ Das Referat Öffentlichkeitsarbeit ist de facto ebenfalls vakant. Es wurde in der Vergangenheit mit einer Notbrücke zwischen dem Vizepräsidenten und dem Internet-Referenten (diesen Titel sollte der Landesschachbund nun auch endlich offiziell einführen) überdeckt, was aber einfach eine ganz unmögliche und im Ergebnis völlig ertraglose Situation war. Allerdings werden die Vereine sich von der romantischen Vorstellung verabschieden müssen, dass der Landesschachbund mit Artikeln, die über zwei, drei „Spitzenereignisse“ hinausgehen, in der Tageszeitung erscheinen könnte.
Die Zeitung druckt das, was der Leser vermutlich lesen möchte und publiziert deshalb ausschließlich die Bundesliga, die von Schachfreund C.D. Meyer hervorragend „an den Mann“ gebracht wird. Ansonsten fällt eben einmal im Jahr noch ein possierlicher Bericht über die Bremer Meisterschaften ab; anders sähe es nur in den regionalen Stadtteil- und in den Anzeigenblättern aus. Die aber können nur von den Vereinen selbst „vor Ort“ bestückt werden. Der „immer mal wieder“ Vorstoß zu einem entspr. Presse-Seminar für die Vereine richtete dort aber bisher mehr Schrecken als Nutzen an und fand deshalb, zum Schaden der Vereine, bisher nicht statt.
+ Ebenso unbesetzt ist momentan das Referat Breitenschach. Das ist jetzt, für eine kurze Periode, nicht allzu problematisch, nämlich so lange der Deutsche Schachbund nicht endlich einmal schlüssig darlegt, was eigentlich „Breitenschach“ genau sein soll. Im Moment ist „Breitenschach“ angeblich alles, was nicht „Leistungsschach“ ist. „Leistungsschach“ aber wird in ganz Deutschland nur von rund zwei Dutzend mehr oder weniger Deutsch sprechenden Spielern ausgeübt – der Rest zwischen Zweiter Bundesliga und Oberliga bis in die E-Klassen der Verbände ist in den Augen des Deutschen Schachbundes dann eben so eine Art „Deppenschach“ - oder wie?
Auf eine Veränderung dieser Denkweise darf man wohl erst im Verlauf einer vermutlichen Neuorientierung des Deutschen Schachbundes nach der Olympiade hoffen, auf die sich derzeit ja noch alles fixiert. - Übrigens: Es war der Bremer Vizepräsident Claus Strümpler, Ritterhude, der in den 70ern das Ressort „Breitenschach“ erfunden hat, damals auf jene ausgerichtet, die zwar Schach spielten, aber nicht im Verein waren: im Seniorenheim, in der Schule, im Park, im Wall-Café usw.
Mir scheint, dass eine Abkehr vom vielfach einfach nur lächerlichen „Spitzenschach“ einschließlich der ja schon selbständigen Schach-Bundesliga hin zu den Vereinen an der Basis der Weg der Zukunft sein muss. Ob nun Weltmeister Anand gegen Super-Großmeister Mamedyarov in Linares, in Wijk aan Zee oder in einer der edelsten VIP-Lounges Deutschlands spielt – wo liegt da der Unterschied? Die Partien sind doch ganz gleich! Wen interessiert das alles ernsthaft? Wer schaut sich das ach so „live“ im Internet per Direkt-Übertragung an?
- Nun, es werden ebenso viele sein, wie jene, die auf diese Weise Partien betrachten, wenn sie in Sofia, Tiblis oder irgendwo in der Wüste in Kalmückien „live“ gespielt und übertragen werden – nicht mehr. Aber immerhin wohl auch nicht weniger.
Von denen, die heute deutsches „Spitzenschach“ verkörpern und mit unglaublichen Geldern aus den Kassen der deutschen Schachvereine, also der Spieler an der vergessenen Basis, unterstützt werden, wen werden wir davon jemals wirklich an der Spitze sehen, nämlich unter den ersten 10 der Welt? Die letzten Deutschen, die dort angesiedelt waren, haben von deutschen Schachspielern kein „Gehalt“ bezogen: Dr. Lasker, Dr. Tarrasch und Dr. Hübner. Und es stellt sich eben auch die Frage, ob wir so eine Fixierung auf Eliten brauchen, um zwischen Stickgras, Geestemünde und Osterholz voller Vergnügen miteinander Schach spielen zu können.
Es gibt noch viel zu tun, obwohl in den sieben Jahren vieles geschafft wurde.